Was Wut und Enttäuschung Auslösen

Von Stefan Kühn

Wut und Enttäuschung sind bekannte Gefühle. Gerade bei Verhandlungen, die nicht wie gewünscht verlaufen, schiessen sie hoch. Manche Verhandler werden von diesen Emotionen übermannt, andere spielen mit ihnen. An und für sich ist das einerlei, denn Wirkung zeigen sie in den meisten Fällen. Das Weisse Haus ist ein aktuelles Beispiel hierfür.

TIPP 1: DER RICHTIGE UMGANG MIT WUT 

Wut ist entweder eine sehr aggressive Reaktion auf eine als unangenehm empfundene Situation, Bemerkung oder Behandlung oder ein instrumentalisiertes Spiel, um die Gegenpartei gefügig zu machen.

  • Unabhängig davon, ob man selber wütend ist oder einem wutentbrannten Verhandlungspartner gegenübersitzt, die Verhandlung sollte vertagt werden. Wer wütend ist, kann nicht mehr klar denken – ein Nährboden für so manche Katastrophe.
  • Wer die Wut-Karte spielt ist nur dann mächtig, wenn sich die Gegenpartei beeindrucken lässt oder in irgendeiner Form nachgibt. Man sollte weder noch tun. Die Macht liegt stets bei jenen, die cool bleiben und bei Bedarf ihre Alternativen prüfen.
  • Auf aufgesetzte Wut reagiert man am besten mit Ignoranz oder indem man das Spiel beim Namen nennt. Beides wirkt ungemein entwaffnend.

 

TIPP 2: ÄNDERN DER TAKTIK 

Eine zerstörte Hoffnung generiert Enttäuschung. Im Gegensatz zur Wut lässt sich das Enttäuscht-sein in Verhandlungen eher verbergen. Ob das Sinn macht, hängt von der Situation ab.

  • Wer glaubt, mit dem Offenlegen der eigenen Enttäuschung, selbst einer gespielten, eine vorteilhafte Sonderbehandlung zu erhalten, liegt meistens falsch. Die Mitleidskarte wirkt nur, falls überhaupt, bei engeren Beziehungen und selbst da hat sie ein Verfallsdatum. In allen anderen Fällen bewirkt sie direkt oder indirekt das Gegenteil – man gibt die Machtkarte ab und wird übervorteilt.
  • Im Umkehrschluss sollte man sich nicht von einem enttäuschten Verhandlungspartner beeinflussen lassen. Solange man ethisch korrekt verhandelt, ist eine „ok für dich, hervorragend für mich“ Einstellung moralisch legitim.
  • Anstelle Enttäuschung zu zeigen ist man besser beraten sachlich die eigene Unzufriedenheit anzusprechen, den Deal durch aktives Tun und Handeln zu verbessern oder sich für eine Alternative zu entscheiden.

Über den Autor

Stefan Kühn
Verhandlungsexperte, Partner

Stefan Kühn, Partner/CEO INCS AG, ist Verhandlungsführer, Verhandlungstrainer und Mediator. Er führt nationale und internationale Multi-Parteien-Verhandlungen und berät Unternehmen, Organisationen und staatliche Stellen in anspruchsvollen und konfliktbehafteten Situationen. Er ist Absolvent des Programms „Negotiation & Diplomacy“ der Harvard Law School, der Metropolitan Police (MPSTC) in „Difficult Negotiations, Profiling, Tactics & Emotions“ und der CIAU in „Crisis Negotiation & Communication“.

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